Shakespeare in der Originalsprache des "White Horse Theatres" 2017
Der Kaufmann von Venedig
Am 03.03.2017 gab es für die Schüler des Fachgymnasiums der BbS WEMA eine besondere
Attraktion. Schauspieler des "White Horse Theatres"
präsentierten in Originalsprache Shakespeares "Der Kaufmann von Venedig". Das für die Oberstufe ausgesuchte
Stück handelt von Rachsucht, Geldgier und einer höheren Moral. Das 1605 zum ersten mal aufgeführte
Stück vor dem englischen König Jakob I. (Nachfolger von Elisabeth I. und Sohn der hingerichteten Maria Stuart) im
Palace of Whitehall beinhaltet zahlreiche Zitate, die heute in den allgemeinen Sprachschatz vieler Länder übergegangen
sind (z.B. "Es ist nicht alles Gold was glänzt").
Das Stück wurde in der Sporthalle der BbS WEMA am Standort Staßfurt aufgeführt. Man traf sich 11.30 Uhr
in der Halle und um 11.40 Uhr begann dann das Stück. Die Aufführung selbst dauerte etwa 1,5 Stunden. Da das
Stück viele altenglische Redewendungen enthielt, war es wie immer bei Shakespeare nicht unbedingt einfach der Handlung
zu folgen. Trotzdem konnte man an der Reaktion der Schüler erkennen, das einige diese Schwierigkeiten erfolgreich
überwinden konnten.
Das White Horse Theatre ist ein pädagogisches Tourneetheater. Es führt englischsprachige
Theaterstücke an Schulen in Deutschland auf. Jeweils 4 immer unterschiedliche nicht
festangestellte (aber voll ausgebildete) Schauspieler zeigen pro Jahr vor über 350.000 Schüler
englische Theaterkunst. Die wie erwähnt meist jungen Schauspieler spielen in hoher Qualität in englischer
Sprache.
Der Name des Theaters hat seine Ursache auf die vor 1500 Jahren nach England kommenden Einwanderer aus
Deutschland. Das weiße Pferd ist das Wappen von Westfalen, wo viele Einwanderer her kamen und das
Theater heute seinen Sitz hat. Gleichzeitig ist es das Wappen von Kent, wo sich viele der Einwanderer
niederließen und der Theatergründer Peter Griffith geboren wurde. Der Name soll also an die historische
Verbindung zwischen Briten und Deutschen erinnern.
Im Mittelpunkt der Handlung steht der venezianische Kaufmann Bessario (links im Bild rechts), der seinen Freund Antonio
(links im Bild links) unterstützen will. Letzterer wandelt auf Freiersfüßen weil er sich in die reiche
junge Adlige Portia verliebt hat. Doch die Brautwerbung ist teuer und so beschließt der Kaufmann Antonio seinen Freund mit
Geld zu helfen, Geld was er aber selbst nicht hat und sich leihen muss. Das Geld wiederum kann er nur vom jüdischen Geldverleiher Shylock
erhalten. Allerdings sind sich beide nicht grün miteinander, mehr noch - Antonio und Shylock hassen sich bis aufs Blut. Shylock
zunächst hasst alle Christen und Antonio stellvertretend für die Christen besonders. Der wiederum hat Shylock mehrmals
öffentlich beleidigt. Als nun Antonio zu Shylock kommt und einen Kredit erbittet, verzichtet dieser zunächst auf die
üblichen Zinsen verlangt aber im Gegenzug, dass wenn Antonio den Rückzahlungstermin überschreitet er ein Pfund seines
eigenen Fleisches (also Antonios) von seinem Körper als Zinsen zu zahlen hat. Antonio hält dies zunächst für
einen makabren Scherz und
unterschreibt den Vertrag. Sorgen macht er sich nicht, erwartet er doch die reichbeladene Rückkehr seiner Handelsschiffe
nach Venedig.
Das Stück hat noch eionen zweiten Handlungsstrang. In Belmont muss sich auch Bessario auf eine ungewöhnliche Übereinkunft
einlassen. Der verstorbene Vater seiner Geliebten Portia hat nämlich in seinem Testament eine Bedingung verfügt. Wer Portia
ehelichen will, muss zuvor zwischen 3 Kästchen wählen. Nur in einem von diesem sei das Bild von Portia und nur wenn dieses
Kästchen gewählt würde, dürfe der Bewerber Portia tatsächlich heiraten. Indessen gibt es noch eine tückische Nebenbedingung.
Der Bewerber müsse sich vorher verpflichten zeitlebens ehelos zu bleiben, wenn er das falsche Kästchen wählen würde (Portia
rechts im Bild).
Die drei Kästchen ihrerseits gibt es in einer goldenen, einer silbernen und einer bleiernen Variante. Auf der Goldenen
steht der Spruch "Wer mich wählt wird gewinnen was viele begehren." Der erste Bewerber - der Prinz von Marokko (siehe Bild rechts)
- wählt dann genau dieses, weil auf dem bleiernen steht "Wer mich wählt muss alles geben und wagen was er hat" und für wertloses Blei
will er nun wirklich nichts wagen und schon gar nicht alles was er hat. Da auf dem Silbernen steht "Wer mich wählt wird bekommen was
er verdient" schwant dem Prinzen bei dieser Wahl böses. Also nimmt er wie gesagt das Goldene. Im goldenen Kästchen liegen jedoch nur
ein paar Goldmünzen, und ein Schädel mit einer Schriftrolle auf der steht "Es ist nicht alles Goild was glänzt".
Der zweite Bewerber ist der von sich selbst überzeugte Prinz von Arragon und weil er meint Portia zu verdienen, wählt er das
silberne Kästchen. In diesem findet er jedoch nur das Bild eine grinsenden Idioten, der ihm ein Stück Papier entgegen hält.
Somit scheiden beide Prinzen aus und dürfen niemals heiraten. Bessario hingegen wählt das richtige Kästchen und darf Portia heiraten.
Unterdessen spitzt sich die Lage in Venedig zu. Weil der Rückgabetermin für die Schuldsumme überschritten wurde, besteht der
Geldverleiher auf Herausgabe eines Pfundes Fleisches aus Antonios Brust (siehe Bild rechts). Dazu hat er sogar eine Wage
mitgebracht um das besagte Pfund exakt abzuwiegen. Doch das kommt die Wende in Gestalt des jungen Advokaten Balthasar der
in Wirklichkeit die verkleidete Portia ist. Er legt dar, dass Shylock zwar Anspruch auf das Fleisch habe, nicht aber auf das
Blut. Mehr noch - wer bereits nach dem Leben eines Bürgers von Venedig trachte verliere die eine Hälfte seines Vermögens
an die gegnerische Partei und die Andere an den Staat. Verbittert muss Shylock seine Niederlage einsehen und Antonio bietet
seine Hälfte an zurückzugeben, wenn Shylock zum Christentum konvertiere und nach seinem Tod sein Vermögen seiner Tochter und
deren Verlobten vererbe. Der gebrochene Shylock ist mit allem einverstanden und verlässt das Gericht. Im Bild rechts sieht man
wie Shylock mit gewetztem Messer dem knienden Antonio das Pfund Fleisch herausschneiden will.
Shakespeares Stück wird oft Antisemitismus vorgeworfen aber erstens wird dieses Wort oft in völliger Unkenntnis benutzt (denn Semiten sind
auch die Ägypter und die Araber schlechthin) und zweitens wird durch die berühmte Verteidigungsrede Shylocks ("Wenn Ihr uns
kitzelt, lachen wir nicht? Wenn ihr uns vergiftet sterben wir nicht? Wenn Ihr uns beleidigt, sollen wir uns nicht rächen?"
der Tenor des Stückes stark gemildert. Offenbar hatte die Theatergruppe selbst die oben genannten Bedenken, und spielte zur Einleitung und
zum Verständnis einen Auszug der Duce-Rede aus den 30er Jahren.
Wie in den mittelalterlichen Mysterienspielen soll in diesem Stück der ethische Grundsatz "Gnade vor Recht" demonstriert werden.
Kurz mal in die Atmosphäre rein schnuppern (Video) ...
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